„Mal keine Schläuche rollen“ – Feuerwehr und ASB üben Arbeitsunfall mit mehreren Verletzten
Nordstemmen – Arbeitsunfälle, die das Handeln von Feuerwehr und Rettungsdienst erfordern, sind glücklicherweise selten. Umso wichtiger ist es, dass auch diese Szenarien geübt werden. Dies dachte sich auch Marc Büchler von der Ortsfeuerwehr Nordstemmen, der eine ganz besondere Übung für Feuerwehr und Rettungsdienst erarbeitet hatte. Dabei sollte die technische Rettung von mehreren Verletzten im Fokus stehen. Ein weiteres Übungsziel war die Koordination der verschiedenen Rettungsmittel vor Ort und der Ablauf der Alarmierungskette. Die Übung, an der knapp 80 Personen beteiligt waren, fand nun in den Hallen der Firma Scharnberger und Hasenbein Elektro GmbH statt. Geschäftsführer Lars Hasenbein hatte bereitwillig seine Türen und Tore am Firmensitz in der Calenberger Straße geöffnet, um den Einsatzkräften die umfangreiche Übung zu ermöglichen. Hasenbein unterhält seit Jahren einen engen Kontakt zur Ortsfeuerwehr Nordstemmen, und als schließlich die Anfrage kam, da ließ sich der Firmenchef nicht lange bitten.
Bei der Übung wurde ein Arbeitsunfall mit gleich mehreren Verletzen geprobt. Die insgesamt neun Verletztendarsteller wurden hierfür zuvor von der Realistischen-Unfall-Darstellung des ASB Hildesheim mit viel Liebe zum Detail geschminkt. So trafen die Rettungskräfte später unter anderem auf offene Brüche, einen durchspießten Bauch und sogar auf eine abgetrennte Hand. Doch wie sollte es zu diesen schweren Verletzungen gekommen sein? Laut dem „Übungs-Drehbuch“ durch eine ganze Kette von Ereignissen. Erdacht war der Kollaps eines Gabelstaplerfahrers, der daraufhin mit seinem Fahrzeug die Stütze eines Hochregales rammte, welches daraufhin einstürzte und gleich mehrere Personen unter sich begrub. Ein Elektriker, der sich zu diesem Zeitpunkt in der Halle mit Elektroarbeiten beschäftigte, erschreckte sich durch den lauten Knall und löste hierbei einen Kurzschluss aus. Hierdurch wurde es stockduster in dem gesamten Betrieb und die Maschinen fielen aus. Dies führte dazu, dass ein weiterer Arbeiter in einer Verpackungsmaschine eingeklemmt wurde. Ein umfangreiches Szenario für die Einsatzkräfte der Feuerwehr, die mit dieser Übung nicht gerechnet hatten. Wie Übungsleiter Marc Büchler mitteilte, sollte sich der Einsatz vorerst auch nur auf den Verletzten an der Verpackungsmaschine fokussieren. Erst im Laufe der Übung sollte die Feuerwehr auf die zweite Einsatzstelle aufmerksam gemacht werden. Und dies funktionierte wie im zuvor erarbeiteten Ablaufplan. Ein aufgebrachter Verletztendarsteller führte die Einsatzkräfte schließlich in die dunkle Lagerhalle, in der das gesamte Ausmaß der Übung klar wurde. Denn hier stöhnten und schrien die Verletztendarsteller um Hilfe. Umgehend ließ man deshalb eine Alarmstufenerhöhung durchführen. „Wir haben die Übung genutzt, um auch zu schauen was passiert“, erklärte Patrick Eisfelder. Der stellvertretende Gemeindebrandmeister bezog sich hierbei auf das neue Konzept der sogenannten „georeferenzierten Alarmierung“, die die Gemeindefeuerwehr seit über einem halben Jahr erprobt. Im Gegensatz zum alten Alarmmodell werden die Einheiten nun georeferenziert, also raumbezogen, alarmiert. Im Rechner der Leitstelle wurden zuvor alle Ortsfeuerwehren mit ihren spezifischen Qualifikationen wie Personalstärke, Fahrzeugtechnik und Ausrüstung hinterlegt. Je nach Meldebild des Einsatzes können die Einheiten nun gezielt und der Qualifikation entsprechend alarmiert werden. Dies funktioniere sehr gut, meinte Eisfelder zufrieden. So rückten an diesem Abend nacheinander die Ortsfeuerwehren Rössing und Groß Escherde in die Calenberger Straße aus, da auf ihren Fahrzeugen ebenfalls umfangreiche technische Ausstattung verlastet ist. Also genau das, was aufgrund der gemeldeten Lage und der Alarmstufenerhöhung gefordert war.
Auch der erweiterte Rettungsdienst des ASB wurde aufgrund der zahlreichen Verletzten ordnungsgemäß nachalarmiert. Hierdurch konnte auch die Zusammenarbeit zwischen dem Rettungsdienst und der Feuerwehr nach einer langen Coronapause endlich einmal wieder geübt werden. Und so kümmerten sich die Rettungskräfte gemeinsam um die zahlreichen „Verletzten“, die sich entweder eingeklemmt unter Kisten, kauernd und „geschockt“ auf einem Hochregal oder „aufgespießt“ unter Metalltrümmern befanden. Mit technischem Gerät und einer professionellen Vorgehensweise konnten aber alle Darsteller an diesem Abend gerettet werden. „Die Ortsfeuerwehren haben sich gegenseitig geholfen und zusammen perfekt funktioniert“, beschreibt es Übungsleiter Marc Büchler abschließend. Und auch die Zusammenarbeit mit dem Rettungsdienst funktionierte nach anfänglichen „Problemchen“ reibungslos. Dabei zeigte sich wieder einmal, wie wichtig auch Übung mit technischer Rettung sind. Auf der gemeinsamen Abschlussrunde, für die sich noch einmal alle Darsteller, Einsatzkräfte und Beteiligten versammelt hatten, brachte es Patrick Eisfelder daher auf den Punkt: „Wir wollten mal keine Schläuche rollen und uns auf die technische Rettung von mehreren Verletzten konzentrieren. Dieses Ziel haben wir heute alle gemeinsam erreicht“. In seiner kurzen Ansprache dankte der stellvertretende Gemeindebrandmeister abschließend noch einmal Firmenchef Lars Hasenbein für die unkomplizierte Unterstützung und Bereitstellung seiner Betriebshallen. Zusätzlich richtete Eisfelder seinen Dank an Marc Büchler, der die Übung bis ins kleinste Detail ausgearbeitet und alles organisiert hatte. Auch für Lars Hasenbein war die Übung in seinem Betrieb eine besondere Erfahrung. Dennoch hoffe der Firmenchef, dass sich ein solches Szenario niemals in der Wirklichkeit ereigne. Die Übung habe ihm jedoch gezeigt, dass er sich im Ernstfall auf alle Retter verlassen könne.